Eine Marke ist ein Wirtschaftsgut und grundsätzlich frei zirkulierbar. Marken können gekauft und verkauft werden. Ein Problem können Verkaufsverhandlungen allerdings darstellen, wenn vorher aus eben dieser Marke abgemahnt wurde.
Eine Abmahnung kann rechtsmissbräuchlich sein
Dass Abmahnungen rechtsmissbräuchlich sein können, ist bereits aus dem Wettbewerbsrecht bekannt. In § 8c UWG sind die wichtigsten Indizien festgehalten.
Die Ratio dahinter ist, dass die Durchsetzung von Wettbewerbsansprüchen nicht nur dem Schutz von Individualansprüchen dient, sondern auch der Reinhaltung des Wettbewerbs. Damit verträgt es sich nicht, wenn der Abmahnende seine Klagebefugnis nicht dazu nutzt, um Wettbewerbsverstöße zu unterbinden, sondern bspw. um zu Geld machen oder den Abgemahnten zu behindern. Hierbei ist nicht notwendig, dass die wettbewerbsrechtlichen Interessen völlig entfallen – es reicht, wenn die sachfremden Ziele lediglich überwiegen (BGH GRUR 2006, 243 Tz 16 – MEGA SALE; BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I).
Rechtsmissbrauchsvorwurf auch im Markenrecht
Dass eine Abmahnung nach § 242 BGB unzulässig ist, wenn sie einen Rechtsmissbrauch darstellt, gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im Kennzeichenrecht.
Demnach handelt rechtsmissbräuchlich, wer sein formales Markenrecht ohne sachlich gerechtfertigten Grund zur Erreichung eines verwerflichen Zwecks ausnutzt (so bereits BGH GRUR 1955, 299 (302) – Koma; BGH GRUR 1967, 490 (492) – Pudelzeichen; 1970, 138 – Alemite; 1980, 110 (111) – Torch; 1984, 210 (211) – AROSTAR; 1985, 926 (928) – topfitz/topfit).
Klassische Fälle der rechtsmissbräuchlichen Durchsetzung von Markenrechten sind:
- Geltendmachung einer nur formalen Rechtsstellung,
- widersprüchliches Verhalten zu einem eigenen früheren Verhalten,
- vorsätzliche Schadenszufügung.
Doch wie verhält es sich, wenn die Marke, aus der abgemahnt wurde, zum Verkauf angeboten wird?
Grundsätzlich kann es nicht verwerflich sein, im Rahmen eines Kennzeichenstreits über pragmatische Lösungen nachzudenken und in Verhandlungen einzutreten. Doch wenn im Zuge dieser Verhandlungen der Wunsch, die Marke zu verkaufen, stärker in den Vordergrund tritt als die Forderung nach Unterlassung der Rechtsverletzung, kann ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegen.
Doch wo ist die Grenze?
Wann muss man davon ausgehen, dass es dem Markeninhaber nur um den eigenen Vorteil geht und weniger darum, die Rechtsverletzung ab- und den unverfälschten Wettbewerb wiederherzustellen?
Da es sich im Ergebnis um Wertungsargumente handelt und es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ist es kaum möglich, eine klare Grenze zu ziehen. Indizien für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten können jedoch die folgenden Punkte sein:
- Die Dringlichkeitsfrist wird als zeitliches Druckmittel für Verkaufsverhandlungen genutzt.
- Es werden Mondpreise für die Marke aufgerufen, obwohl das Unternehmen des Markeninhabers seit Jahren Verluste einfährt.
- Unter mehreren angebotenen Lösungsoptionen wird nur der Abkauf der Marke als optimal empfunden.
- Es wird ausdrücklich und mehrfach gesagt, dass kein Interesse an einer gerichtlichen Auseinandersetzung besteht.
- Die Verkaufsverhandlungen werden vom Markeninhaber auch nach Stellen des Verfügungsantrags fortgesetzt.
Da im Berufsalltag eines Rechtsanwalts im gewerblichen Rechtsschutz pragmatische und unternehmerische Lösungen für rechtliche Konflikte nicht ungewöhnlich sind und mitunter zu passenderen Ergebnissen führen können als der Weg zu Gericht, ist Fingerspitzengefühl in Verhandlungen gefragt, um sich nicht dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ausgesetzt zu sehen. Insbesondere ist es ratsam, direkte Verhandlungen zwischen den Parteien beratend zu begleiten, um folgenreiche Aussagen zu vermeiden.
Beitragsbild: erstellt mit ChatGPT 4o / Dall-E