„Der Durchschnittsverbraucher erwartet von vergleichenden Warentests, […] dass diese ihn über Eigenschaften, Qualität und Preiswürdigkeit der auf dem Markt angebotenen Waren sachkundig, unabhängig und vor allem unbeeinflusst unterrichten. Er stellt daher hohe Anforderungen an Neutralität und Objektivität im Hinblick auf die Person des Veranstalters, die Art der Durchführung des Tests und die Darstellung der Testergebnisse. Fehlen diese Objektivität und Neutralität, so liegt eine Irreführung des Verkehrs auch dann vor, wenn der Test und die Ergebnisdarstellung zumindest in Teilen richtig sein sollten.“ (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 24. Mai 2016, Az. 5 W 103/16)
Das Zitat des Kammergerichts aus dem Jahr 2016 ist nach wie vor aktuell. Kunden messen Testergebnissen eine hohe Glaubwürdigkeit zu; Unternehmen sehen die Werbung mit eigenen guten Testergebnissen entsprechend als wichtiges Verkaufsargument. Entsprechend kritisch beäugen sie die Testwerbung ihrer Wettbewerber. Das gilt auch deswegen, weil die Werbung mit Tests vielfach nicht nur das gute eigene Ergebnis des Werbenden thematisiert, sondern auch dieses auch in Bezug zu den – in der Regel schlechteren – Ergebnissen anderer Anbieter setzt.
Anforderungen an den Werbenden
Die Rechtsprechung zur Testwerbung ist entsprechend umfangreich. Grundsätzlich gilt, dass der Testveranstalter sachkundig, neutral und objektiv – oder zumindest um objektive Richtigkeit bemüht – agieren muss. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so darf für das getestete Produkt oder die getestete Dienstleistung mit dem Testergebnis geworben werden, ohne dass den Werbenden weitere Nachweispflichten zur Richtigkeit des Tests treffen. Derlei Werbung kann durch verliehene Testsiegel, wörtliches Zitat des Testergebnisses, aber auch durch eine eigene, paraphrasierende Wiedergabe des Testergebnisses erfolgen. Unzulässig ist es hingegen, wenn der Werbende die Aussage des Testergebnisses überdehnt oder sonst zu seinen Gunsten verändert.[1]
Auch die Werbung mit einem veralteten Testergebnis wird im Normalfall als irreführend gemäß § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gesehen.[2] Das gilt nicht nur dann, wenn ein neuerer Test zu dem geprüften Produkt vorliegt, sondern auch wenn das Produkt insgesamt nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Selbstverständlich darf auch nur das getestete Produkt mit dem Testergebnis beworben werden – selbst Folgeentwicklungen, durch die das Testprodukt verbessert wird, sind von dieser Regelung nicht ausgenommen.[3]
Schließlich bestehen für den Werbenden Informationspflichten; er muss bei jedem werblichen Hinweis auf ein Testergebnis eine „Testfundstelle“ benennen, damit sichergestellt ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Testergebnis prüfen und in das getestete Vergleichsumfeld einordnen können.[4]
Anforderungen an den Testveranstalter
Sind schon die formalen Anforderungen an eine rechtmäßige Testwerbung umstritten, so gilt dies erst recht für die Anforderungen an den Testveranstalter. Generell lässt die Rechtsprechung diesen im Rahmen der Presse- und Meinungsfreiheit einen vergleichsweise großen Spielraum. Die Sachkunde hinsichtlich der angewandten Prüfkriterien wurde beispielsweise erst dort verneint, wo diese aufgrund fehlender Einhaltung der einschlägigen DIN-Normen als „nicht mehr diskutabel“ erschienen.[5] Diese Sicht mag überraschen, wenn man berücksichtigt, dass die Ergebnisse anerkannter Testinstitutionen wie der Stiftung Warentest in den Augen vieler Verbraucher keinesfalls nur als redaktionelle Meinungsäußerungen aufgenommen werden, sondern vielmehr als Entscheidung eines objektiven und nahezu allwissenden Schiedsrichters.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die „Objektivität“ – bzw. das von der Rechtsprechung zumindest geforderte „Bemühen um Objektivität“ – aktuell die Münchner Gerichte entzweit. Das Landgericht hatte das Angebot von Siegeln, die Ärztinnen und Ärzte als „TOP Mediziner“ auszeichnen, durch einen Verlag als unzulässig erachtet, wenn die Siegel den Eindruck eines objektivierten Qualitätsurteils erwecken, ihre Vergabe tatsächlich aber auch auf subjektiven Kriterien beruht – wie z.B. Kollegenempfehlungen oder Patientenzufriedenheit.[6] Das OLG München hat diese Entscheidung aufgehoben. Bei dem als Herausgeber des Tests erkennbaren Verlag erwarte der Verkehr keine Prüfung anhand strenger medizinischer Kriterien. In der Entscheidung heißt es, der Verkehr erwarte vielmehr „lediglich ein Bemühen in Richtung Objektivität, aber keine über jeden Zweifel erhabene Objektivierung, die angesichts der Art der bewerteten Leistung auch kaum möglich sei.“[7] Von klaren Anforderungen an das Vorgehen und die Institution des Testveranstalters lässt sich nach diesen divergierenden Entscheidungen kaum sprechen – bleibt zu hoffen, dass in diesem Verfahren auch der Bundesgerichtshof noch zu Wort kommt.
[1] BGH, Urteil vom 24.1.2019 – I ZR 200/17 – Das beste Netz
[2] BGH, Urteil vom 24.1.2019 – I ZR 200/17 – Das beste Netz
[3] OLG Köln, Urteil vom 11. 7. 2003 – 6 U 209/02 – Kinderfahrradhelm
[4] BGH, Urt. v. 15.04.2021, Az. I ZR 134/20 – Testsiegel auf Produkt
[5] LG Frankfurt, 13. März 2025, 2-03 O 430/21 – Rauchmelder, siehe auch LG München, 13.01.2014, 9 O 25477/13 – Nuss-Schokolade.
[6] LG München I, Urteil vom 13.02.2023 – 4 HK O 14545/21
[7] OLG München, 22. Mai 2025, Az. 29 U 867/23