In seinem nun veröffentlichten Urteil vom 15. Juni 2023 – I ZR 179/22 – hat der BGH entschieden, dass ein in AGB enthaltener Verzicht auf Urheberbenennung wirksam sein kann.
Geklagt hatte ein Fotograf, der seine Bilder ausschließlich und erfolgreich über sogenannte Microstock-Portale zur Nutzung anbietet. Diese Art der Vermarktung ist darauf gerichtet, durch eine Lizenzierung zu günstigen Preisen eine hohe Reichweite und damit Rentabilität zu erreichen. Die Beklagte hatte bei einer Microstock Agentur ein Foto des Klägers lizenziert und auf ihrer Website als Hintergrundbild verwendet, ohne den Kläger als Urheber zu benennen. In den AGB der Agentur war geregelt, dass weder die Agentur noch deren Kunden verpflichtet sind, denjenigen, der ein Foto hochgeladen hat, als Quelle zu benennen und dass der Hochladende auf jede Verpflichtung der Agentur und der Nutzer verzichtet, ihn als Quelle des Werks zu identifizieren. Der Kläger nahm die Beklagte unter anderem wegen der Verletzung seines Rechts auf Urhebernennung auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Er vertrat die Auffassung, der in den AGB vorgesehene Verzicht sei zu weitgehend und daher unwirksam, weil er sich dadurch umfassend seines zum Kernbereich des Urheberrechts gehörenden Benennungsrechts entledige.
Das Landgericht Kassel (LG Kassel, ZUM-RD 2022, 164) und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2023, 13) haben die Klage abgewiesen. Dem haben sich die Karlsruher Richter angeschlossen.
Der BGH führt aus, dass das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gemäß § 13 Satz 2 UrhG im Kern unverzichtbar ist. Da der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG aber bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist, steht es ihm außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns grundsätzlich frei, durch vertragliche Vereinbarungen auf die Ausübung des Rechts zu verzichten. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine entsprechende Vereinbarung kann durchaus nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und ggf. nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam sein. Im Rahmen einer Gesamtabwägung sind laut BGH sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Auch Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen können zu berücksichtigen sein.
Im konkreten Fall bestätigte der BGH die Erwägungen des OLG, wonach die Abweichung vom gesetzlichen Grundgedanken den Kläger nicht benachteiligt habe. Die hohe Reichweite der Microstock-Agenturen werde unter anderem durch Nutzerfreundlichkeit für die Lizenznehmer erreicht, wozu auch der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung gehöre. Eine Benachteiligung des Klägers sei darin nicht zu sehen. Er habe mit seiner Entscheidung, seine Werke über die Microstock-Agentur zu vermarkten, bewusst deren Geschäftsmodell genutzt, bei dem er einerseits aufgrund der hohen Reichweite eine angemessene Vergütung erzielen und andererseits den mit einer eigenständigen Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand vermeiden könne.