30. April 2025 | KI, Medienrecht

Mehr Verantwortung für Plattformen

blau weißes Logo Facebook, gelbes Maßband

Hannah Stegmaier

 

Der Mediziner und Entertainer Dr. Eckart von Hirschhausen hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Beschluss vom 4. März 2025 – Az 16 W 10/25) einen bedeutenden Erfolg gegen den US-Konzern Meta erwirkt. Das Gericht verpflichtete Meta im einstweiligen Verfügungsverfahren, zahlreiche gefälschte Videos zu löschen, welche durch Deepfake-Technologie den Anschein erweckten, Hirschhausen werbe für ein Diätmittel. Die Deepfakes hatten viele Menschen getäuscht und zu Käufen eines nicht existierenden Produkts verleitet. Die aus echten TV-Auftritten zusammengeschnitten und mit KI-generierter Stimme manipulierten Videos wurden nach dem konkreten Hinweis des Antragsstellers durch Meta entfernt. Nahezu identische Videos wurden jedoch erst nach einem weiteren Hinweis gelöscht.

Der Beschluss stellt einen Durchbruch im Umgang mit Deepfakes dar. Hostprovider wie Meta werden dadurch verpflichtet, nicht nur die konkret gemeldeten rechtswidrigen Videos zu entfernen, sondern auch alle sinngleichen, also inhaltlich ähnliche oder leicht abgewandelte Kopien auf der Plattform ohne erneuten Hinweis zu löschen und deren erneutes Auftauchen zu verhindern. Dieser Grundsatz erweitert das bisherige Prinzip von „Notice & Take-Down“ zu „Notice & Take-Down – Everywhere & Forever“. Kommt der Hostprovider diesem Prinzip nicht nach, kann er sich schadensersatzpflichtig machen.

Das Verfahren ist Teil einer sich entwickelnden Rechtsprechung, die unter anderem auf früheren Entscheidungen z.B. im Fall von Renate Künast basiert. Die Grünenpolitikerin hatte ebenfalls gegen Meta geklagt, nachdem auf der Plattform Facebook ein angebliches Zitat von ihr veröffentlicht wurde.

Erstmals wurden im Beschluss des OLGs auch in diesem Bezug die neuen Regelungen des DSA (Digital Service Act) berücksichtigt und erklärt, dass auch der DSA in Art. 6 Abs. 4 DSA, wie seine Vorgängerregelung die E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG („ECRL“) in Art. 14 Abs. 3 ECRL die Möglichkeit unberührt lasse, dass eine Justizbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlange, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern.

Meta hatte dagegen argumentiert, die ausgeweiteten Prüfpflichten seien unzumutbar. Meta war allerdings nicht den Ausführungen des Antragstellers entgegengetreten, wonach die Antragstellerin ohne jeden Zweifel die technischen Mittel besitzt, um Deep-Fakes wie den hier gegenständlichen und Fake-Gesundheitswerbung zu erkennen. Dies genügte dem Gericht, um eine Unzumutbarkeit abzulehnen. Das Vorbringen Metas, dass sich den Ausführungen des Antragstellers nicht entnehmen lasse, welche konkreten Arbeitsschritte aus seiner Sicht durch welche technische Mittel leistbar sein sollen und Meta sich schon deshalb nicht dazu äußern könne wies das Gericht zurück und legte Meta insoweit eine sekundäre Darlegungslast auf, da der Antragsteller keinen Einblick darin habe.

Der Beschluss stärkt den Schutz von Personen (insbesondere des öffentlichen Lebens) vor digitalem Identitätsmissbrauch und Falschinformationen im Netz. Er dient damit der effektiven Durchsetzung von Persönlichkeitsrecht im Internet.

Der Beschluss des OLG ist im Eilverfahren nicht anfechtbar. Die Frage, ob Plattformen generell auch sinngleiche Inhalte löschen müssen (und wann sinngleiche Inhalte vorliegen), bleibt somit vorerst umstritten. Ähnliche Verfahren, wie der Fall Künast, sind derzeit vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anhängig und wurden sogar dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorgelegt.

Die Rechtsprechung scheint die Prüfpflichten für Hostprovider tatsächlich weiter auszudehnen und damit den Anforderungen des DSA zu entsprechen. Was für Nutzer und vor allem für Personen des öffentlichen Lebens mehr Sicherheit und Schutz vor Täuschung und Rechtsverletzungen bedeutet, kann für die Hostprovider von Plattformen zu einem erheblichen Mehraufwand in der Umsetzung führen und möglicherweise auch deren Umgang mit Nutzerinhalten grundlegend ändern. Unser Team unterstützt Sie gerne dabei.

 

Beitragsbild: Hannah Stegmaier