Grundrechte-Report 2025: Informationsfreiheit nur gegen persönliche Daten

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Dr. Wiebke Fröhlich

 

In der aktuellen Ausgabe des Grundrechte-Reports 2025 analysiert Dr. Wiebke Fröhlich, Rechtsanwältin bei JBB, ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das den Zugang zu amtlichen Informationen an eine Identifizierungspflicht knüpft.

 

Ein Bürger stellte 2019 über die Plattform FragDenStaat eine Anfrage an das Bundesinnenministerium – es ging um die Verwendung von Plastikmüllsäcken. Eine Antwort erhielt er nicht. Stattdessen forderte das Ministerium seine vollständige Identifikation: Name, Anschrift und persönliche E-Mail-Adresse. Erst nachdem er diese Daten offengelegt hatte, teilte das Ministerium mit, dass die angefragten Informationen nicht vorlägen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte beanstandete dieses Vorgehen und sprach eine Verwarnung gegen das Ministerium aus – die das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im März 2024 wiederum für rechtswidrig erklärte (Az. 6 C 8.22).

Nach Auffassung des Gerichts sind anonyme oder pseudonyme IFG-Anfragen generell unzulässig. Eine „sinnvolle Kommunikation“ mit der anfragenden Person sei nur bei namentlicher Identifikation möglich. Auch die Angabe weiterer persönlicher Daten wie der Anschrift könne aus verschiedenen Gründen erforderlich sein. Der Gesetzgeber dürfe den Informationszugang an „zumutbare Anforderungen“ knüpfen.

 

Es mag sein, dass ein gesetzlicher Identifikationsvorbehalt eine solche „zumutbare Anforderung“ sein kann. Aber: im Geltungsbereich des IFG existiert keine entsprechende Regelung. Im Gegenteil: Die Abfrage personenbezogener Daten durch staatliche Stellen ist ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Solche Eingriffe bedürfen einer klaren gesetzlichen Ermächtigung. Die Voraussetzungen und der Umfang der Datenverarbeitung müssen gesetzlich geregelt und nachvollziehbar sein – das gebietet das rechtsstaatliche Prinzip der Normenklarheit (vgl. BVerfGE 65, 1 (44)).

 

Das BVerwG räumt selbst ein, dass das IFG keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage enthält (Rn. 56). Doch es behauptet erschreckend pauschal: Die Identifikation sei auf Grundlage der datenschutzrechtlichen Generalklausel in Verbindung mit dem IFG „erforderlich“ (Rn. 58f.). Zur Begründung konstruiert es hypothetische Fälle, in denen eine Identitätsfeststellung geboten sein könnte, etwa zum Schutz von Drittinteressen oder zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch.

Nur: Im zugrunde liegenden Fall hatte das BMI die angefragten Informationen gar nicht. Die Feststellung der Identität war gerade nicht „erforderlich“, die Abfrage der persönlichen Daten diente keinem sachlichen Zweck – dem BMI ging es offenbar ums Prinzip.

Besonders besorgniserregend ist, dass das Urteil die abschreckende Wirkung einer Identifikationspflicht völlig ignoriert. Wer befürchten muss, für kritische Anfragen behördlich registriert zu werden, verzichtet womöglich ganz auf die Ausübung seines Rechts. Gerade beim Zugang zu amtlichen Informationen ist Anonymität ein zentraler Schutzfaktor – etwa für Journalist:innen, Aktivist:innen oder Whistleblower:innen.

 

 

Bildquelle: Generiert mit ChatGPT