Die Europäische Kommission bewirbt Ihren „Green Deal“ mit dem Slogan „Erster klimaneutraler Kontinent werden“. In diesem Kontext gibt es eine Vielzahl von EU-Klimaschutzmaßnahmen, durch die Europa bis 2050 klimaneutral werden soll. Ein Beitrag hierzu ist parallel auch auf der Ebene der Werberegulierung geplant. Zwei Richtlinienprojekte sollen erreichen, dass Unternehmen transparent mit den Umweltvorteilen ihrer Produkte werben können und sogenanntes „Greenwashing“ künftig unterbleibt.
Die „Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“ sieht in Art.1 Nr.2b) nach aktuellem Stand vor, dass das „Treffen einer Umweltaussage über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele sowie ohne ein unabhängiges Überwachungssystem“ unzulässig sein soll. Damit wäre künftig (unter der Prämisse, dass eine geschäftliche Handlung bzw. Wirtschaftswerbung vorliegt) eine Absichtserklärung wie „Erster klimaneutraler Kontinent Europas werden“ in dieser Allgemeinheit nicht mehr möglich. Das gilt erst recht für viele der aktuell von Unternehmen werblich genutzten allgemeinen Umweltaussagen wie „ökologisch“, „umwelt- oder klimafreundlich“.
Der Entwurf einer Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen („Green Claims“-Richtlinie) geht noch etwas weiter. Umweltaussagen sollen künftig nur noch nach einer umfassenden Prüfung und Zertifizierung Verwendung finden dürfen. Das nach aktuellem Stand vorgesehene Verfahren, das u.a. die Einschaltung externer Prüfstellen vorsieht, lässt befürchten, dass Unternehmen eher abgeschreckt werden, die umweltbezogenen Vorteile ihrer Produkte werblich zu nutzen und auf lange Sicht die Umweltfreundlichkeit ihrer Produkte als Wettbewerbsvorteil weiterzuentwickeln.
Wird mit den Kommissionsvorhaben im Ergebnis nicht nur „Greenwashing“ vom Markt verdrängt, sondern womöglich das werbliche Herausstellen von Umweltaspekten per se unattraktiv gemacht? Und kann dies dazu führen, dass der Anreiz, umweltfreundlichere Produkte zu entwickeln, mangels werblicher Kommunikationsmöglichkeiten sinkt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich unser Kollege Sebastian Wasner in der GRURPrax 20/2023 ab S.588. Er stellt dabei klar, dass schon die aktuelle Rechtslage beim Thema „Greenwashing“ keine großen Spielräume lässt. Am Beispiel des Begriffs „klimaneutral“ zeigt sich, dass die jüngere Rechtsprechung nicht nur eine Klarstellung fordert, ob die beworbene „Klimaneutralität“ durch Einsparungen von Treibhausgasen oder aber durch Kompensationsleistungen erfolgt ist. Vielmehr fordern die Gerichte auch umfassende Erläuterungen zu den getroffenen Kompensationsmaßnahmen. Das Landgericht Karlsruhe (13 O 46/22 KfH) hat jüngst Waldschutzprojekte insgesamt als unzureichende Kompensationsmaßnahme eingeschätzt, soweit es darum geht, die Bewerbung als „klimaneutral“ zu rechtfertigen.
Der Ansatz, falsche oder unbestimmte Umweltaussagen zu beschränken, dürfte bei Unternehmen und Verbrauchern auf weitgehende Zustimmung stoßen. Unternehmen und Gesetzgeber müssen aber Wege finden, damit echte Umweltvorteile (weiterhin) transparent herausgestellt und Anreize gesetzt werden, umweltfreundlichere Produkte zu entwickeln, zu verkaufen, zu bewerben und zu erwerben – der aktuell beschrittene Weg scheint noch verbesserungsfähig.