26. September 2024 | Wettbewerbsrecht

EuGH trifft Grundsatzentscheidung zur Preisangabenverordnung (Rechtssache C-330/23)

Ein roter Würfel mit Prozentzeichen springt in einen Pool mit Würfeln, die Rabatte anzeigen.

Die Werbung mit Preisherabsetzungen ist ein beliebtes Werbemittel mit großer Zugkraft. Allerdings bietet bekanntlich nicht jede in der Werbung genannte Preisherabsetzung auch eine echte Preisersparnis. Häufig werden Preise vor einer Preisherabsetzung kurz heraufgesetzt, damit der Rabatt besonders spektakulär wirkt. Eine derartige Preisschaukelei war dem europäischen und deutschen Gesetzgeber schon lange ein Dorn im Auge. Deswegen wurde bei der letzten Novelle des § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) (aufgrund einer europäischen Richtlinie) eine neue Informationspflicht eingeführt. Danach muss ein Unternehmen, wenn es gegenüber Verbrauchern mit einer Preisermäßigung wirbt, den niedrigsten Gesamtpreis angeben, den es innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern verlangt hat. Bezüglich der Auslegung dieser Norm gibt es viele Streitigkeiten, da natürlich die Interessen von rabattfreudigen Unternehmen und Verbraucherschützern kollidieren. Ein erster Fall kam nun zum EuGH: Aldi Süd hatte für Bananen mit einer Preisherabsetzung geworben, unter Angabe eines durchgestrichenen Preises und einer prozentualen Herabsetzung:

 

Gegenüberdarstellung Angebotspreise

 

Tatsächlich waren die durchgestrichenen Preise auch die zuletzt verlangten Preise. Deswegen war auch die prozentuale Preisherabsetzung richtig berechnet. Allerdings gab es in den 30 Tagen zuvor bereits einmal deutlich niedrigere Preise als vor der Preisherabsetzung. Diese niedrigeren Preise wurden ebenfalls angeben.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah in dieser Werbung trotzdem einen Verstoß gegen § 11 PAngV. Aus ihrer Sicht war die (informatorische) Angabe des günstigsten Preises nicht ausreichend; vielmehr müsse sich der beworbene Rabatt direkt aus diesem ergeben. Das angerufene Landgericht Düsseldorf hielt das für übertrieben, da der niedrigste Preis ja angegeben war und mehr nach Auffassung des Gerichts aus § 11 PAngV nicht abgeleitet werden könne. Weil es hier aber um eine europarechtliche Vorfrage ging, legte das Gericht den Fall dem EuGH vor. Die Luxemburger Richter zeigten erneut, dass sie bei Entscheidungen ein großes verbraucherschutzrechtliches Herz haben: Sie sahen die Werbung als unzulässig an und meinten, dass eine in der Werbung bekannt gegebene Preisermäßigung auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage berechnet werden müsse.

11 Abs. 1 PAngV wird also vom EuGH sehr weit ausgelegt, möglicherweise sogar über den Wortlaut der Norm hinaus. Auch wenn die begründete Entscheidung noch nicht vorliegt, ist bereits jetzt prognostizierbar, dass die EuGH-Entscheidung die Werbung mit Preisherabsetzungen deutlich erschweren wird. Denn die Aldi-Werbung entspricht einer in Deutschland weit verbreiteten Methode, um auf die Novelle des § 11 PAngV zu reagieren. Insbesondere Unternehmen, die gerne bei kurzen Sonderaktionen die Preise herabsetzen (z.B. beim Black Friday), werden sich dieses Vorgehen möglicherweise in Zukunft genau überlegen müssen, da sie sich ansonsten im Folgemonat die Werbung mit Preisherabsetzungen weitgehend unmöglich machen. Bevor allerdings vorschnelle Schlüsse aus der Entscheidung gezogen werden, sollten ohnehin zunächst die Entscheidungsgründe abgewartet werden.

Die Entscheidung des EuGH ist allerdings nur ein Aspekt: Auch in vielen anderen Fragen wird über den neuen § 11 PAngV heftig gestritten, auch die Kanzlei JBB war bereits an mehreren dieser Verfahren beteiligt. Unsere Kollegin Dr. Jeannette Viniol hat zuletzt bei einem Vortrag für die IHK Berlin im Mai 2024 einen Überblick geliefert.

 

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