Fototapeten haben die Gerichte in den vergangenen Jahren des Öfteren beschäftigt. Die Fallkonstellationen sind ähnlich: Jemand erwirbt im Handel eine Fototapete und bringt diese an. Später wird der Raum fotografiert und das Foto, auf dem (auch) die Fototapete zu sehen ist, im Internet öffentlich zugänglich gemacht, z. B. um eine Ferienwohnung oder ein Hotel zu bewerben oder als Referenz für Maler- und Tapezierarbeiten. Dagegen wendet sich der Fotograf, der das Motiv für die Tapete fotografiert hat, und fordert Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen unberechtigter Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentlicher Zugänglichmachung (§ 19a UrhG).
Die Instanzgerichte sind zu gegensätzlichen Ergebnissen gekommen, Ende Juni wurden nun drei Fälle vor dem BGH verhandelt, I ZR 139/23, I ZR 140/23 und I ZR 141/23.
Das Landgericht Düsseldorf (u. a. Urteil vom 27.09.2023 – 12 S 25/22) und das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 08.02.2024 – 20 U 56/23) sehen in derartigen Fällen keine Urheberrechtsverletzung. Zwar liege eine Vervielfältigung und eine öffentliche Zugänglichmachung vor, aber mit dem Sacheigentum an der Tapete seien dem Käufer auch konkludent urheberrechtliche Nutzungsrechte eingeräumt worden. Aus der Zweckübertragungslehre nach § 31 Abs.5 UrhG folge, dass Rechte insoweit übertragen werden, als dies für die vertragsgemäße Nutzung erforderlich sei. Dazu gehöre heutzutage eben auch, Fotos von mit Fototapeten ausgestatten Räumen zu erstellen und öffentlich zugänglich zu machen. Zudem stünde den Ansprüchen auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 25.10.2022 Az. 17 O 39/22) lehnt eine Urheberrechtsverletzung insbesondere aus letzterem Grunde ab und führt aus:
„Wer Fototapeten mit eigenen Motiven in den Verkehr bringt, muss im Digitalzeitalter grundsätzlich damit rechnen, dass Fotografien des Zimmers mit der Fototapete angefertigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Mit dem früheren Verhalten des Inverkehrbringens der Fototapete ist es grundsätzlich unvereinbar, den Käufer einer solchen Tapete später wegen urheberrechtlicher Verstöße auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wenn er Fotos seines eigenen Zimmers veröffentlicht.“
Das Landgericht Köln (zuletzt Urteil vom 18.04.2024 – 14 O 60/23) widerspricht der Rechtsprechung aus Düsseldorf ausdrücklich. Nach Auffassung des LG Köln werden mit dem Erwerb einer Fototapete keine Nutzungsrechte übertragen. Eine ausdrückliche Rechteeinräumung fehlt und aus der Zweckübertragungslehre folge nichts anderes, da für die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte erforderlich seien. Bei der Anwendung der Zweckübertragungslehre sei Zurückhaltung geboten, da anderenfalls ein nicht vorhandener Wille des Rechteinhabers fingiert werde:
„Aus der Überlassung einer Abbildung für eine Fototapete kann eine konkludent erteilte Lizenz zur Veröffentlichung nicht geschlossen werden; dies widerspricht der Rechtsgeschäftslehre, der Zweckübertragungslehre und den sonstigen urheberrechtlichen Grundsätzen.“
Die Schrankenbestimmung nach § 57 UrhG greife nicht, da die Fototapete kein unwesentliches Beiwerk sei. Eine unzulässige Rechtsausübung vermag das LG Köln schließlich auch nicht zu erkennen, das Vorgehen der Klägerin sei weder rechtsmissbräuchlich noch widersprüchlich.
Welcher Auffassung sich der BGH anschließt, bleibt abzuwarten. Verkündungstermin ist der 11. September 2024.
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